Blog, Fotografie, Kolumne

Kolumne: Habe ich schon gesehen!

Was andere tun, muss ich nicht ebenfalls tun. Denn wer fotografieren kann, geht gegen jegliche Vorgaben vor.

Eine meiner dummen Angewohnheiten besteht darin, dass ich morgens Social Media öffne und mir 8 Minuten lang anschaue, was es Neues gibt – obwohl es in der Regel nicht wirklich etwas Interessantes gibt. Tatsächlich habe ich die meisten Inhalte bereits in irgendeiner Form gesehen.
Deshalb ärgere ich mich jedes Mal nach diesen acht Minuten über mich selbst, da ich wieder wertvolle Lebenszeit für nichts verschwendet habe.

Durch meine morgendliche Routine habe ich zumindest eine Erkenntnis gewonnen: Ich weiß, was ich nicht tun möchte. Ich bin mir nicht sicher, woran es liegt, denn die Fotografie ist so vielfältig. Dennoch scheint am Ende alles irgendwie gleich auszusehen.
An dieser Stelle möchte ich nicht behaupten, dass es sich um schlechte Bilder handelt – nein, es sind sogar einige herausragende dabei. Aber es ist eben so, dass tausend andere Fotografen dasselbe bereits gemacht haben. Es wirkt wie Copy-Paste. Selbst bei schönen Editorials.

Eine mögliche Erklärung dafür könnte der Wunsch eines Hobby-Fotografen sein, einem Vorbild nachzueifern und herauszufinden, wie man genauso beeindruckende Bilder wie bekannte Fotografen macht. Man nimmt die Vorlage und setzt sie eins zu eins um. Das kann beim Lernen hilfreich sein, fördert aber nicht den eigenen Bildstil.

Ebenso können die heutigen technischen Hilfsmittel dafür sorgen, dass bei uns Fotografen am Schluss alles gleich aussieht. Wie zum Beispiel den automatischen Augenfokus. Wenn man aus stilistischen Gründen Unschärfe im Bild haben möchte, muss man zuerst alle technischen Neuerungen deaktivieren. Es ist gut möglich, dass es Fotografen gibt, die nicht einmal wissen, dass dies möglich ist. So sieht am Schluss halt immer alles gleich aus.

Ein weiterer Grund könnte sein, dass soziale Medien und ihre dahinter liegenden Algorithmen uns vorschreiben, was als „gut aussehend“ gilt. Leider führt das dazu, dass Fotografen dem folgen müssen, da ihnen sonst keine Sichtbarkeit gewährt wird. Echt bedauerlich für die Kreativität.

Aber ehrlich gesagt sollten wir aufhören, diesen Vorgaben zu folgen. Als individuelle Menschen haben wir doch viel mehr zu bieten, wir können einzigartig sein und anders denken. Wir sollten den Mut haben, einfach mal auszuprobieren, ohne den Druck zu verspüren, dass etwas „Schönes“ dabei herauskommen muss.

Früher war es einfacher, da gab es Magazine und andere Printmedien. Dort konnte man immer wieder Neues entdecken und sich inspiriert fühlen. Ohne, dass es dann nach Copy-Paste aussah. Es gab ja sonst nicht viele alternative Bild-Quellen.

Ich muss zugeben, dass es mir nicht immer gelingt, was eigenes zu machen. Manchmal ist das bekannte halt einfach naheliegend. Man hat zudem heutzutage einfach schon viel zu viel gesehen. Und dennoch werde ich es nicht unversucht lassen, was eigenes zu tun. Denn ich bin nicht gezwungen, es wie tausend andere vor mir zu fotografieren.

Denkt mal drüber nach.


Pascal Uehli ist seit 2011 als Fotograf tätig und widmet sich in seinen Kolumnen verschiedenen Themen rund um die Fotografie. Dabei teilt er seine Gedanken zu Alltagssituationen oder aktuellen Interessen. Mit einer Prise Ironie regt er die Leser zum Nachdenken an.


Newsletter abonnieren

Jetzt BeInspired Newsletter abonnieren und erfahre, wenn es neue Blog-Beiträge oder es ein Update zu den Fotoworkshops gibt.