Kolumne: Speichermedien sind zu günstig!
Letztens gab es in der Zeitung einen Beitrag über eine verunglückte Bauarbeiterin. Das Gute daran, es war ein Leserreporter vor Ort, der konnte ein Foto machen, er hatte noch genügend Speicherplatz in der Cloud.
Das verrückte ist doch, wie sich die Preise für Speicher Medien über die letzten Jahre verändert haben. Gemäss einer Statistik von Oliver Kilb hat 2005 ein Gigabyte auf einer SD Karte stattliche 80,00 € gekostet. 2018 waren es noch 0,40 €. Pro Gigabyte. Wäre Speicherplatz heute noch genau so teuer wie damals, würden wir heute weniger dafür interessantere Fotos sehen.
Weil Speichermedien soviel günstiger geworden sind, können wir soviel fotografieren, wie wir wollen. Ohne überlegen zu müssen, ob denn noch Platz auf der Harddisk oder der Cloud vorhanden ist. Zudem haben wir heute immer eine Kamera in der Hosentasche. Mit den neuesten Modellen sogar richtig gute.
Auf einem herkömmlichen iPhone 14 mit 256 GB kann man rund 214’286 Fotos aufnehmen, bevor der Speicher voll ist. Die beste Voraussetzung immer alles dabei zu haben. Fotokamera inklusive Fotoalbum.
Ich sehe jedoch die Gefahr und Verlockung, schnell mal ein Foto zu schiessen. Bei einer Person mit Knipseritis entsteht dadurch unglaublich viel Datenmüll. In meinen Augen gibt es nämlich zwei Sorten von Knipseritis.
Die erste Gruppe beinhaltet all diejenigen, die jeden Moment festhalten müssen. Das Kind des Nachbarn im Clown Kostüm, den Hund am Meer, das Abendessen in der Taverne, was sonst auch immer. Alles, um sich später an diesen tollen Moment erinnern zu können oder um andere damit zu beeindrucken. Das Bild rutscht derweilen immer mehr in der Galerie zurück, bis es vergessen geht. Ob der Datenspeicher dann noch sinnvoll ist, sei dahin gestellt. Hauptsache das Bild ist noch da.
Die zweite Gruppe dreht sich um die nie endenden Dauer-Knipser. Das sind die, welche bereits ein gutes Bild geschossen haben, aber gar nicht wissen, dass es im Kasten ist. Sie finden kein Ende beim Aufnehmen des gleichen Motivs. Verschiedene Gründe können dazu führen, fehlende Erfahrung oder ein unklares Ziel. Wer bewusster fotografiert, macht weniger Fotografien und kommt schneller ans Ziel, ergo braucht weniger Datenspeicher.
Die Technik-Branche will uns mit jeder Weiterentwicklung das Leben einfacher machen, weshalb es heute für Fotokameras SD Karten mit bis zu 1 TB Speicherplatz (5.00 CHF/1 GB) gibt. Aus rein praktischer Sicht logisch, da man nur noch eine grosse Speicherkarte statt mehrere kleine braucht. Man kann viel mehr fotografieren. Einfach drauf los knipsen, weil man ja den Speicherplatz hat und sich verpflichtet fühlt, ihn zu füllen. Aber so richtig nachhaltig finde ich das nicht, da geht einem doch total das Gefühl von „jetzt muss ich mir dann mal überlegen, was ich in diesen Ferien noch fotografieren will“ abhanden. Ich nütze übrigens immer noch 16 GB Speicherkarten (1.25 CHF/1 GB). Sind super, passen so circa 200 RAW-Bilder drauf. Sind perfekt für Ferien.
Ich bin der Meinung, Speichermedien sind viel zu günstig und sollten drastisch verteuert werden. Das Leben von vielen Menschen würde sich dadurch verbessern. Nicht nur von denen, die tausend Bilder selektieren, auch für die, die weniger belangloses anschauen müssten.
Denkt mal drüber nach. Der Bauarbeiterin geht es übrigens wieder besser.
Pascal Uehli ist seit 2011 als Fotograf tätig und widmet sich in seinen Kolumnen verschiedenen Themen rund um die Fotografie. Dabei teilt er seine Gedanken zu Alltagssituationen oder aktuellen Interessen. Mit einer Prise Ironie regt er die Leser zum Nachdenken an.
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Ob Speichermedien und Speicherplatz teurer werden soll? Definitiv nicht, um die Bilderflut einzugrenzen.
Wenn, dann um die Nachhaltigkeit zu unterstützen (CO2 FUSS Abdruck etc.)
Die persönliche Einstellung zum Wert eines Bildes lässt sich nicht über den Preis der Speicherkarte steuern.
Ich komme noch aus der analogen Zeit, als mich ein 36er Diafilm (ein Fotolabor konnte ich mir nicht leisten) zwischen 10 und 15 DM gekostet hat (Ohne Rahmen und Dia Aufbewahrung). Viele Experimente, die ich gerne gemacht hätte, habe ich gelassen. Viele Bilder, die durch einen „zweiten Schuss“ besser geworden wären, wurden nicht gemacht.
Nachdem ich auf Digital umgestiegen bin, gab es folgende Phasen:
Weiterhin zu fotografieren, als ob ich einen teuren Film hätte.
Zu erkennen, dass ich ohne „zu Sparen“ draufhalten konnte.
Feststellen, dass die Endergebnisse qualitativ nicht proportional zur Anzahl der Bilder zunahmen.
Reduktion der Aufnahmen während einer Fotosession auf ein Masse, welches mir Gewissheit gibt, gute Ergebnisse zu haben.
Beim Aussortieren bin ich auch radikaler geworden. Es wird nicht mehr alles aufgehoben, sondern ziemlich schnell gelöscht.
Trotzdem bin ich froh, dass ich heute mir das Hobby Fotografie durch die relativ niedrigen laufenden Kosten leisten kann und brauche keine Rationierung durch teurere Speichermedien. Und wenn Dauerknipser ihre Bilder nicht mehr finden, ist das nicht mein Problem.
Jede*r soll das so machen wie es persönlich passt
Ich mag mich zurück erinnern, wo es noch keine Mobiltelefone gab, oder noch ohne Kamera. Ach war das schön, keine Angst zu haben, dass ein Knipser meine Ungeschicktheit festhielt. Und mein PC mit einer 40Gb Platte war auch nie voll 🙂